Henrieke Runge ist Praxisanleiterin im Vinzenzkrankenhaus Hannover. Seit Oktober 2024 ist sie für ihre Arbeit komplett freigestellt. Davor war sie als Praxisanleiterin auf der Intensivstation tätig. „Für die angehenden Pflegefachleute ist die generalistische Ausbildung herausfordernd“, findet Runge.

„Der Anteil der Außeneinsätze, wie Langzeitpflege, ambulante Pflege, Pädiatrie und Psychiatrie hat noch mehr an Bedeutung gewonnen. Das hat zur Folge, dass die Auszubildenden ein Jahr lang nicht in ihrem ursprünglichen Ausbildungsbetrieb sind und sich immer wieder auf neue Gegebenheiten, Strukturen und Personen einstellen müssen.“

Auszubildende wünschen sich mehr Sicherheit

Eine enorme Anpassungsleistung, gerade auch für junge Menschen. In anderen Berufsgruppen können sich Lernende auf feste Uhrzeiten verlassen: montags bis freitags, nine to five, am immer gleichen Ort, plus Berufsschule einmal in der Woche. In der Pflegeausbildung wechseln mit den Schichten nicht nur die Zeiten, sondern auch Einsatzorte und Teams.

Alle paar Wochen muss der Alltag komplett neu organisiert werden. Das fängt bei der Anfahrt mit Öffis oder Auto an und hört bei Morgenroutinen noch längst nicht auf. Was macht das mit angehenden Pflegefachkräften? „Viele melden zurück, dass sie sich mehr Sicherheit wünschen. Verlässlichkeit, eine feste Anlaufstelle, an die sie angebunden sind“, berichtet Pflegedirektorin Kerstin Schmidt.

Heimatstationen könnten kleine Atempausen bieten

Mehr Sicherheit: Wie man die herstellen kann, wurde in der „AG Ausbildung“ diskutiert. „Alle zwei Monate treffen sich dort unsere Führungskräfte, Pädagog*innen, Praxisanleiter*innen und die Leitung vom Bildungszentrum, um sich strukturiert auszutauschen“, erklärt Schmidt. Ihr Lösungsansatz: die Einrichtung sogenannter Heimatstationen.

„Das Konzept sieht vor, dass die Auszubildenden immer wieder auf die Station zurückkehren, auf der sie ihre Ausbildung begonnen haben. Es soll ihnen ein Sicherheitsgefühl vermitteln, denn dort kennen sie Personal, Ablauf und Gegebenheiten“, ergänzt Praxisanleiterin Runge. Eine Art „sicherer Hafen“ also – mehr oder weniger. Zumindest ließen sich die Routinen von einigen Wochen davor „wiederbeleben“. Um eine Neuorganisation des Alltags kämen Auszubildende damit zwar dennoch nicht herum. Doch die Häufigkeit, wie oft sie das machen müssten, würde sinken.

Konzept ist noch in der Erprobung

Auszubildende Nina Kirschstein findet das Konzept gut. „Die Abläufe und Personen sind bekannt, das nimmt auch den Druck und die Erwartungen, weil man schon vieles kennt.“ Ihr Mitschüler Rafael Tefehne ist zwiegespalten. „Die Heimatstation bietet Sicherheit, weil man hier schnell Erfahrungen sammelt, aber man lernt andererseits nicht das ganze Haus kennen“, so seine Befürchtung.

„Natürlich muss man zusätzlich individuell schauen, zu wem das vielleicht nicht passt, wer vielleicht mehr Entwicklung in verschiedenen Fachbereichen möchte“, räumt Pflegedirektorin Schmidt ein. Ob sich die Idee bewährt, muss sich ohnehin erst noch zeigen: Das Konzept ist noch in der Erprobung. „Derzeit evaluieren wir, wie das aussehen könnte: Ein Einsatz draußen, dann wieder auf der Heimatstation, wieder draußen, wieder auf der Heimatstation“, so Schmidt.

Schmidt und ihr Team haben sich bereits für die Pro Care 2026 angemeldet. Auf der Messe können sie dann sicherlich von ihren ersten Erfahrungen mit dem Konzept Heimatstationen berichten.

Thema Pflege & Hygiene