Beim Roten Kreuz in Freital ist es die „Tagestaste“, in anderen Seniorenwohnanlagen der „gelbe Knopf“: Im Service-Wohnen ist es üblich, dass Bewohner*innen sich regelmäßig beim Betreiber melden. Per Button geben sie ein kurzes Lebenszeichen: „Alles in Ordnung, mir geht’s gut.“

„Wenn die Taste einmal am Tag gedrückt wird, wissen wir, dass alles ok ist. Wenn die Taste nicht gedrückt wird, bekommen wir eine Meldung in der Hausnotrufzentrale und rufen die Mieter*innen an, um nachzufragen, ob alles ok ist. Wenn wir sie telefonisch nicht erreichen, melden wir das ans Personal im betreuten Wohnen“, erklärt Anna Bittner, Innovation & Geschäftsentwicklung der DRK Mitteldeutsche Hausnotruf und Service gGmbH.

Echte Notfälle sind sehr selten

Klingt nach einer guten Idee. Oft vergessen Bewohner*innen jedoch, den Knopf zu drücken – es kommt zu Fehlalarmen. „Der Anteil der Fälle, bei denen die Bewohner*innen tatsächlich in einer Notsituation sind, liegt im niedrigen einstelligen Prozentbereich“, beziffert Jens Albinus, Geschäftsführer der DRK Seniorenwohnpark Freital gGmbH. „Trotzdem können wir auf den Mechanismus nicht verzichten, weil das auch der Mehrwert im betreuten Wohnen ist.“

Was also tun? Auf der Suche nach Alternativen entdeckte Bittner ein neues System: Veli. Das Start-up aus Kassel ermittelt die Alltagsroutinen der Bewohner*innen, indem es die Strom- und Wasserverbräuche analysiert. „Wir nutzen das, was ohnehin schon da ist“, erklärt Geschäftsführer Jan-Peter Seevers. Er und Gründer Tim Weiß untersuchten Energieverbrauchsdaten für die Automobilproduktion, als die Großmutter von Tim Weiß in ihrer Wohnung stürzte. „Sie wurde erst Stunden später gefunden“, berichtet Seevers. „Danach ging es schrittweise bergab.“

Ungewöhnliche Verbräuche fallen auf

Ihr neues System hätte schnell Alarm geschlagen – aber das musste eben erst noch erfunden werden. „Gerade bei den Morgenroutinen ist es super: Wenn keine Toilettenspülung, kein Händewaschen erfolgt, keine Kaffeemaschine läuft, erkennt Veli: Da könnte was nicht in Ordnung sein“, erklärt Seevers. Albinus berichtet von einem Fall, bei dem im Büro Wasser von der Decke tropfte. „Ich habe in der Wohnung, die darüber liegt, geklingelt. Als die Bewohnerin öffnete, stand überall das Wasser, das schon das ganze Wochenende lief. Mit Veli hätten wir den Schaden viel schneller bemerkt.“

Bittner schätzt, dass allein in der Testphase 2025 mehr als 100 Einsätze hätten vermieden werden können, wenn Veli damals schon in den 150 Wohneinheiten installiert gewesen wäre.
Ihr persönliches „Highlight“ war die Meldung einer vergessenen Herdplatte: „Weil wir den Mieter telefonisch nicht erreichen konnten, ging das Personal vor Ort nachsehen. Der Mieter hatte ein Honigglas auf dem Herd angewärmt, um den Honig zu verflüssigen – und war zwischenzeitlich einfach zum Mittagstisch gegangen.“

Wie Veli genau funktioniert, können sich Besucher*innen auf der Pro Care zeigen lassen. Das System ist seit Januar 2023 auf dem Markt. Im Innovations- und Start-Up-Bereich erklären die Gründer, wie ihr Hausnotruf mit dem Strom- und Wasserzähler der Wohneinheit gekoppelt werden kann und wie die künstliche Intelligenz auf Abweichungen reagiert.